Österreich ist anders – Rechtliches

Die Individualpädagogik in Österreich hat sich weiterentwickelt, jedoch noch nicht soweit, dass man gelingende Projekte mit vorrangig herausfordernden Jugendlichen als anerkannte Sozialpädagogische Einrichtung ohne weiteres durchführen könnte.

Es gibt den Bedarf und die Anfragen, es gäbe Fachkräfte wenn man sie dementsprechend bezahlt und in den Fällen wo „nichts mehr geht“ gibt es zumindest für einige Monate auch eine Finanzierung! Jedoch gibt es keine arbeitsrechtlichen Kollektivverträge die hierfür hilfreich wären oder wo Einzelfallmaßnahmen angeführt werden. Es gibt für die Projektdauer nur die Möglichkeit Mitarbeiter*innen anzustellen mit der gleichzeitigen Kündigung, was es schwer macht Personal zu finden. Solche Finanzierungen laufen nur für einige Monate und mit einer korrekten Anstellung kann es passieren, dass dann der Arbeitgeber Personal hat das nicht weiter finanziert werden kann.

Gesetzlich finden wir jegliche Formen von Betreuung im Rahmen der Vollen Erziehung – die flexibel gestaltet wird – ob im In- oder Ausland als „Nicht ortsfeste Formen der Sozialpädagogik“. Dies kann natürlich auch ein Erlebnispädagogisches kurzes Projekt sein bzw. eine Auszeit mit den Betreuer*innen der Einrichtung.

Aus dem Bundes Kinder- und Jugendhilfe Gesetz

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/ME/ME_00231/imfname_142946.pdf

Arbeitsrecht

Laut normalem Arbeitsrecht gibt es die Möglichkeit das die Arbeitszeit innerhalb einer Periode von 17 Wochen im Schnitt maximal 48 Stunden/ pro Woche betragen darf.

https://www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/faqs-arbeitszeit.html

Dies würde Individualpädagogische Auslandsprojekte für 3 Monate ermöglichen mit den Notwendigen Erholungszeiten danach!

1.Monat – 60h/ 2.Monat -60h / 3. Monat – 60h / 4. Monat frei

In Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe unterliegt man jedoch Großteils dem Kollektivvertrag SVÖ, der andere Zeiten vorsieht!

SVÖ- Kollektivvertrag 2022

§ 8 Arbeitsbereitschaft

c) Innerhalb eines Durchrechnungszeitraums von 8 Wochen darf die Wochenarbeitszeit (exklusive bezahlter oder nicht bezahlter Pausenzeiten) im Durchschnitt 46 Stunden, in einzelnen Wochen des Durchrechnungszeitraums 60 Stunden nicht überschreiten.

https://www.gpa.at/content/dam/gpa/downloads/kollektivvertrag/gesundheit,-soziales,-kirchen/sw%C3%B6/2022/Kollektivvertrag_2022_SozialwirtschaftOesterreich.pdf

Arbeitsrechtlich darf ein*e angestellter Mitarbeiter*in also maximal 60 Stunden in der Woche arbeiten, mit 12 Stunden Tageshöchstarbeitszeit.

Bin ich mit einem Jugendlichen 1:1 unterwegs wären dies von 6-22h bereits 16h am Tag die man eigentlich Dienstzeit hat. (Nachtdienste werden von 22-6h früh Pauschal abgegolten.)

Vielleicht habe ich das Glück, dass der Jugendliche spät aufsteht, dann wären es zb. 9-22h nur 13h Arbeitszeit. Spät aufstehen heißt jedoch meistens auch später ins Bett. Es geht sich also rechnerisch,  wenn man die regulären Zeiten der Aufsichtspflicht ansieht, nicht aus.

Nachdem dies Individualpädagog*innen bewusst ist gehen sie häufig den „Deal“ ein und schreiben offiziell nur die rechtlich Mögliche Anzahl von Stunden, damit so ein Projekt überhaupt zustande kommt. Hier zeigt sich, dass es Grenzgänge benötigt um mit „Grenzgängern“ arbeiten zu können, ein Absurdität in sich!

Dann gibt es aber noch die Auflage der täglichen Ruhezeiten. Diese kann man bei intensiven Klient*innen nicht einhalten bzw. im voraus planen. In solchen Projekten leben die Betreuer*innen mit den Kids gemeinsam, da gibt es keine Pause! Und man hat die Aufsichtspflicht.

Weiters ergibt sich letztendlich das Problem, dass man nur 14 Tage durcharbeiten darf.

Dies bedeutet man müsste alle 14 Tage die Betreuer wechseln. Dies widerspricht jedoch der Methodik einer individualpädagogischen Betreuungsform und widerspricht Bindungstheorien und steht wider dem Zweck der stabilen Beziehung.

Mit Angestellten Mitarbeiter*innen mit aufrechten Dienstverträgen ist dies also nicht möglich.

Dies führt dazu, dass ein Träger für solche Projekte zusätzlich zB. Freiberuflich Tätige Mitarbeiter*innen finden muss die für einen Pauschalbetrag arbeiten und darüber hinaus nicht angestellt sind.

Denn hier gelten andere Arbeitsrichtlinien!

Dies ist meiner Meinung nach mehrfach problematisch:

-Es kann kein kontinuierliches KnowHow im Sinne von Qualitätskriterien und Fortbildungen aufgebaut werden.

-Man kennt den/die Mitarbeiter*in nicht so gut wie langjähriges Personal in einer Einrichtung.

-Die Begleitung ist nur auf das Projekt beschränkt und ein weiterbegleiten in der Einrichtung kaum möglich.

-Es kann leichter LOHN DUMPING entstehen und dadurch finden sich kaum erfahrene stabile Betreuer*innen für solch intensive Projekte.