Ein 13jähriger delinquenter strafunmündiger Bursche, der seit dem er 9 Jahre alt ist wiederholt in der Obdachlosigkeit lebt und seine Drogensüchtige Mutter unterstützt hat um Geld und Lebensmittel zu organisieren, sieht die Straße als sein zu Hause.

Ein Jugendlicher der mit 14 bereits einen Beschluss für ein Waffenverbot hat und dessen gesamte Familie im kriminellen Mileu ist, ist ebenfalls Teil dieses Systems und kann es gar nicht ablehnen, da er nichts anderes kennt.

Diese „Kids“ haben sich das nicht ausgesucht!

Sie haben aufgrund ihrer Kindheit und wie mit ihnen umgegangen wurde, wie sie instrumentalisiert wurden und wie sie sehen wie ihre Familien leben, kaum Perspektiven.

Sie sind Bildungsverwahrlost, leben seit Geburt in risikoreichen Milieus, kennen Gewalt als Form von Anerkennung und machen das was Kinder tun, hoffen das man sie lieb hat.

So einen Jugendlichen zu anderen in eine herkömmliche Kinder- und Jugendhilfe Einrichtung zu geben ist gefährdend – für jeden, denn diese Kids gefährden sich und andere durch ihre Lebenswelt und ihre Verhaltensmuster.

Eine Herabsetzung der Strafmündigkeit wird dies nicht ändern.

Damit haben wir lediglich vermehrt straffällige Kids im Gefängnis, die danach weiter machen wie bisher. Der Zwang einer Haft ändert delinquentes Verhalten nicht. Im Gegenteil diese Kids lernen in Haft dazu und knüpfen Kontakte die sie noch mehr in diesen Verhaltensmustern und einer kriminellen weiteren Zukunft verstärken.

Es fehlen  „gesunde“ Vertrauenspersonen und positive Perspektiven !

Diese Kinder und ihre Familiensysteme fallen spätestens in der Phase der Schulzeit auf. Hier benötigt es bereits geeignete Unterstützung,  auch für schwer erreichbare Multiproblemfamilien.

Werden diese Kinder in der Kinder- und Jugendhilfe fremduntergebracht, gibt es schon früh sichtbare Verhaltensweisen in Zusammenhang mit biopsychosozialen Risikofaktoren, die Grundlage für späteres delinquentes Verhalten sind. Meistens wird dann abgewartet bis diese Kinder massiv gefährdend für andere sind und „nichts mehr“ geht, da die Systeme völlig überfordert sind. Hier benötigt es eine förderliche individuelle Begleitung, damit sich delinquente Verhaltensweisen nicht manifestieren.

Nachdem die Beziehung zu den Herkunftssystemen nach wie vor eine große Rolle spielt, geht es darum das gesamte System mit einzubeziehen, um solchen Kids zu ermöglichen eine positivere Lebensweltorientierung zuzulassen.

Fast alle Eltern wollen, dass es ihren Kindern gut geht, auch diese Familien wollen dass!

Die Erfahrung zeigt, dass es 1-2 Personen als Betreuer benötigt die sich mit solchen Kids und deren Systemen auseinandersetzen. Stabile Beziehung anbietet ohne viel zu fordern, nicht in Konkurrenz geht mit den Eltern und in diese Lebenswelt geht, ohne zu verurteilen und um geeignete Alternativen anzubieten.

Besonders wirkungsvoll sind Individualpädagogische Maßnahmen mit System Break. Raus aus der aktuellen delinquenten Realität ins Ausland um neue Erfahrungen zu machen und diese Kids sich „entdecken“ zu lassen. Im Zusammenleben werden automatisch soziale Kompetenz trainiert und Erfahrungen von positiver Selbstwirksamkeit durch Tagesaktivitäten gestärkt.

Aktuell werden in Österreich solche Einzelfall-Maßnahmen (im Ausland) kaum durchgeführt.

Wir scheitern an Arbeitsrechtlichen Vorgaben wonach sich BetreuerInnen zb. in einem Turnusdienst abwechseln müssen. Dies bedeutet, dass sich eine Vielzahl an Personen abwechselt um ein Kind zu betreuen. Dadurch kann keine stabile Beziehung entstehen die solch ein delinquenter Minderjähriger benötigt. Es benötigt individuelle Betreuungsformen die auch angeordnet sein können und auch zur Haftvermeidung dienen.

Wir haben Konzepte und Möglichkeiten mit diesen Kids zu arbeiten, wir haben immer wieder motivierte BetreuerInnen, doch rechtlich scheitern wir bis dato.

Ich bin nicht für die Herabsetzung einer Strafmündigkeit, jedoch für Konsequenzen bei schwerwiegender Gefährdung. Wenn Risikofaktoren erkannt werden, sollen zeitnah auf Grundlage einer Fallanalyse passende Interventionen erarbeitet werden anstatt weiterhin zu versuchen solche Kids in einer Kindergruppe einer Einrichtung zu betreuen, wo sie sich kaum Regelungen einhalten, Abgängig sind und andere Gefährden.

Gleichzeitig handelt es sich um Kinder die ein recht darauf haben gefördert zu werden und denen es ermöglicht werden soll positive Zukunftsperspektiven zu entwickeln.

Mag. Kozak Tanja